• Johann Carl Freiesleben

  • Place of Dispatch: Eisleben · Date: 06.07.1804
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Freiesleben, Johann Carl
  • Recipient: Werner, Abraham Gottlob
  • Place of Dispatch: Eisleben
  • Date: 06.07.1804
    Manuscript
  • Provider: Universitätsbibliothek "Georg Agricola" der Technischen Universität Bergakademie Freiberg
  • Classification Number: Nachlass Abraham Gottlob Werner, Band II (B) S. 285-289
  • Incipit: „[1] Wohlgebohrner Herr!
    Hochverehrter Herr Bergrath!
     
    So unvergeslich mir auch die glücklichen Stunden sind, die auch bey meinem letztlichen Aufenthalte in Freyberg, [...]“
    Language
  • German
[1] Wohlgebohrner Herr!
Hochverehrter Herr Bergrath!
 
So unvergeslich mir auch die glücklichen Stunden sind, die auch bey meinem letztlichen Aufenthalte in Freyberg, in Ew. Wohlgebohrenl. Gesellschaft zubringen durfte, und so wenig mir insbesondere entfallen ist, daß ich Ihnen schuldig war, Ihnen sogleich nach meiner Rückkunft , über verschiedene Gegenstände, derenthalben Sie mich mit geneigten Aufträgen beehrten, Ew. Wohlgebohrnl. Nachricht zu ertheilen, so hat sich dies durch mancherley Umstände doch bis jetzt verzögert, und ohne Ihnen, auch nur einen Ihrer kostbaren Augenblicke durch umständlichere Entschuldigung entziehen zu wollen, eile ich vielmehr zu den Gegenständen der letzten Gespräche, über die ich mir, Ihnen noch besonders schreiben zu dürfen, Ihre geneigte Erlaubnis erbat. _ _ Bey der Gelegenheit, als ich die Ehre hatte, Ew. Wohlgebohrnl. die Suite Mansfeldl. Schiefer aus dem [2] Mindermannschen Kabinett anzubieten, äußerten Sie den Wunsch, lieber die Versteinerungssammlung des nehml. Kabinets zu kaufen; allein leider hatte, worauf ich mich in Freyberg nicht besann, der Dr Schneider in Hof auch die Versteinerungen für 50 rl. - schon gekauft und ich fand sie, nach meiner Zurückkunft schon fast al[le] eingepackt; bey der sehr ansehnl. Versteinerungssuite des Herrn Bergrath glaube ich aber auch kaum, daß diese Sammlung Ihnen hätte 50 rl. werth seyn können; doch waren zwey kostbare Stücke darunter, nehml. sehr gut erhaltene Enkriniten, der eine besonders mit einem etliche Zolle langen Stiele, beyde Stücke in Kalksteinstücken von wohl 16- 18 Zoll Länge; sollte Ihnen an einem dieser Stücke etwas liegen, so glaube ich, würde es nur eines Winks bedürfen, den Sie mir dem Dr. Schneider zu geben erlaubten, u. mit Vergnügen würde er viele eins dieser Stücke derselben wieder ablassen. Die Mansfeldische Suite habe ich aufs neue durchgesehen, finde sie aber nicht mehr so interessant, als beym ersten Anblick; der Fischabdrücke sind etwa 30. Exempl., worunter nur wenige Dubletten; auch sind es nur die gewöhnlichen Fische; aus den übrigen Schieferstücken, konnte ich kaum 17. merkwürdige Stücke aussetzen, u. unter diesen ist das einzige sehr merkwürdige , ein Stück Schiefer mit einem eingewachsenen Foßil, das ganz wie natürliche Holzkohle sieht, bricht u. knistert, es ist ein einzigesmal auf Ref. No. X. vor etwa 12. Jahren vorgekommen, u. es existiren davon vielleicht nicht 6, 8, Stücke. _ Ob Ew. Wohlgebbl. mich nun noch mit einem Auftrage dieser Suite wegen, so- [3] wohl, als wegen der vorgedachten Enkriniten beehren wollen, deßen bin ich erwärtig u. würde mir es zur größten Freude machen alles auszurichten, was Sie mir dabey vorschreiben.
Die graue bituminöse Holzerde von Helbra ist alleweile nicht im Anbruche; ich will also lieber warten bis sie wieder rein u. deutlich vorkömmt u. habe auf diesen Fall schon Bestellung drauf gemacht, ehe Ew. Wohlgebl. ich etwas davon sende.
In dem Gespräch über das Vorkommen einiger Flötzformationen in der Schweitz, womit Ew. Wohlgebohrnl. mich unter andern einmal beehrten, konnte ich mich auf einige speciellen Localbeziehungen nicht entsinnen, ich habe jetzt mein damahliches Reise-Tagebuch nachgesehen und bemerke daraus ganz ergebenst:
1.) fast das ganze Thüringer Flötzgebirge hat am Thuner See; am B berge ohnweit Thun liegt oberhalb Sandstein _ darunter ein grauer, fester, sSchiefriger Kalkstein - mit Stinkstein in mächtigen Flötzen abwechselnd _ ; nicht weit davon (zwischen Faulensee und Grattingen [Krattigen]) kommt Gips vor,; alles zusammen liegt auf Flötzthonschiefer.
2.) der bituminöse Mergelschiefer (doch überall leichter u. mehr bräunlich als schwarz), auch milder wie der thüringische) kommt a) vor bey Bex und Aigle unter Gips und auf Alpinischen Kalkstein oder einer grauwackenartigen Gebirgsart; bey Bex insbesondere ist er sehr mächtig u. wechselt dort einigemal mit grauen, festen Kalkstein ()weder alpinl. noch Jurakalkstein) ab; der sogenannte Cylinder bey Bex gehört hieher _ b) fanden wir ihn sehr mächtig, am Brünnich ohnfern des Lungernsee, wo er aber eben falls sehr leicht ist [4] und mehrmals mit Kalkstein (alpinl. Kalkstein) abwechselt; auf gleiche Art kömmt er auch c) am Lungern See selber, besonders vor dem dasigen Stolln, und d) zwischen Sarnen u. Gernz [Kerns] vor.
3.) die Puncte wo die Auflagerung des Alpenkalksteins auf dem Flötz-(oder Uebergangs?) thonschiefer vorzüglich deutl war, sind hinter Sallenche [Sallanches] (ohnweit Servoz) _ dann bey Zweylitschinen [Gründlischwand] _ im Lauterbrunner Thal (zE. beym Staubbach) _ an der Scheideck _ bey Grindelwald _ auch noch im Chamonnithal vor dem Glac. d'Argentieres.
4.) Grauwacke u. Grauwackenschiefer, mit diesen Flötzthonschiefer abwechselnd, unmittelbar unter dem Alpinischen Kalkstein, kömmt theils auch hinter Sallenche vor, theils u. deutlicher noch, auch mit Kieselschieferlagern abwechselnd am Schwendi [Schattenhalb] hinter Meyringen im Haslithal; im Kieselschiefer quillt dort sogar ein Gesundbrunnen.
5.) die Gegenden, wo eine vorzüglich weit verbreitete ältere Nagelfluhformation im Sandstein (des Juragebirges, oder vielmehr zwischen dem Jura- u. Alpengebirge) vorkommt, und wo diese Nagelfluhe in mächtigen Flötzen, mit dem schönen feinkörnigen Sandsteine abwechselt, sind vorzüglich bey Avry ohnweit Vevey am Genfersee u. bey Lucern.
Wenn ferner der Herr Bergrath,b außer der Copie, die der junge Kühn von der Mansfeldl. Charte genommen hat, noch eine Copie dieser Charte zu haben wünschten, so würde ich damit mit größten Vergnügen aufwarten, [5] und bitte mir darüber Ihre geneigte Bestimmung mir in ein Paar Worten aus; oder wollten Sie mir eine gestochene Charte von der Grafschaft Mansfeld erlauben, so wollte ich auch ganz sauber auf diese das Erforderliche zeichnen lassen. Darf ich es wagen, Ihnen ein ganz unsauberes Exemplar einer Thüringl. Charte vorzulegen, so bin ich in Ermangelung einer nemmlichen Platte, so frey, Ihnen die angefügte, die nach Grüners, Scheidhauers u. meinen Beobachtungen ge illuminirt ist u. sich auf meinen Aufsatz in Lempens Magazin b. X. bezieht, ganz ergebenst beyzupacken; die 3. rothen Fleck beym Nisthausen, bottendorf u. Gleina sind Kuppen vom Rothentodten, so auch das mit Bleystift Aangelegte von bornstedt bis hornburg; _ das blauliche ist der untere Gips mit Stinkstein _ das bräunlichrothe, der Sandstein, mit Roggenstein oder Thon (der sich auch noch von Allstedt bis beyernaumburg u. Osterhausen fortzieht) _ das gelbe ist der obere Gips u. Thon _ das Grüne aber us a der obere oder Muschelkalkstein, der auch noch die Gegend von Querfurt bis Schaafsedt einnimmt.
Endlich werde ich unvergessen seyn, nach u. nach eine Quantität ausgezeichneter hiesiger Gebirgsarten zusammenzubringen und bitte mir im Voraus eine gütige Verstattung einiger Monathe Frist.
Mit unbegränzter Ehrerbietung, Dankbarkeit und Anhänglichkeit verharre ich lebenslang
Ew. Wohlgebohren
Ganz ergebenster
Johann Carl Freiesleben
 
Eisleben
Den 6. Juli 1804.
[1] Wohlgebohrner Herr!
Hochverehrter Herr Bergrath!
 
So unvergeslich mir auch die glücklichen Stunden sind, die auch bey meinem letztlichen Aufenthalte in Freyberg, in Ew. Wohlgebohrenl. Gesellschaft zubringen durfte, und so wenig mir insbesondere entfallen ist, daß ich Ihnen schuldig war, Ihnen sogleich nach meiner Rückkunft , über verschiedene Gegenstände, derenthalben Sie mich mit geneigten Aufträgen beehrten, Ew. Wohlgebohrnl. Nachricht zu ertheilen, so hat sich dies durch mancherley Umstände doch bis jetzt verzögert, und ohne Ihnen, auch nur einen Ihrer kostbaren Augenblicke durch umständlichere Entschuldigung entziehen zu wollen, eile ich vielmehr zu den Gegenständen der letzten Gespräche, über die ich mir, Ihnen noch besonders schreiben zu dürfen, Ihre geneigte Erlaubnis erbat. _ _ Bey der Gelegenheit, als ich die Ehre hatte, Ew. Wohlgebohrnl. die Suite Mansfeldl. Schiefer aus dem [2] Mindermannschen Kabinett anzubieten, äußerten Sie den Wunsch, lieber die Versteinerungssammlung des nehml. Kabinets zu kaufen; allein leider hatte, worauf ich mich in Freyberg nicht besann, der Dr Schneider in Hof auch die Versteinerungen für 50 rl. - schon gekauft und ich fand sie, nach meiner Zurückkunft schon fast al[le] eingepackt; bey der sehr ansehnl. Versteinerungssuite des Herrn Bergrath glaube ich aber auch kaum, daß diese Sammlung Ihnen hätte 50 rl. werth seyn können; doch waren zwey kostbare Stücke darunter, nehml. sehr gut erhaltene Enkriniten, der eine besonders mit einem etliche Zolle langen Stiele, beyde Stücke in Kalksteinstücken von wohl 16- 18 Zoll Länge; sollte Ihnen an einem dieser Stücke etwas liegen, so glaube ich, würde es nur eines Winks bedürfen, den Sie mir dem Dr. Schneider zu geben erlaubten, u. mit Vergnügen würde er viele eins dieser Stücke derselben wieder ablassen. Die Mansfeldische Suite habe ich aufs neue durchgesehen, finde sie aber nicht mehr so interessant, als beym ersten Anblick; der Fischabdrücke sind etwa 30. Exempl., worunter nur wenige Dubletten; auch sind es nur die gewöhnlichen Fische; aus den übrigen Schieferstücken, konnte ich kaum 17. merkwürdige Stücke aussetzen, u. unter diesen ist das einzige sehr merkwürdige , ein Stück Schiefer mit einem eingewachsenen Foßil, das ganz wie natürliche Holzkohle sieht, bricht u. knistert, es ist ein einzigesmal auf Ref. No. X. vor etwa 12. Jahren vorgekommen, u. es existiren davon vielleicht nicht 6, 8, Stücke. _ Ob Ew. Wohlgebbl. mich nun noch mit einem Auftrage dieser Suite wegen, so- [3] wohl, als wegen der vorgedachten Enkriniten beehren wollen, deßen bin ich erwärtig u. würde mir es zur größten Freude machen alles auszurichten, was Sie mir dabey vorschreiben.
Die graue bituminöse Holzerde von Helbra ist alleweile nicht im Anbruche; ich will also lieber warten bis sie wieder rein u. deutlich vorkömmt u. habe auf diesen Fall schon Bestellung drauf gemacht, ehe Ew. Wohlgebl. ich etwas davon sende.
In dem Gespräch über das Vorkommen einiger Flötzformationen in der Schweitz, womit Ew. Wohlgebohrnl. mich unter andern einmal beehrten, konnte ich mich auf einige speciellen Localbeziehungen nicht entsinnen, ich habe jetzt mein damahliches Reise-Tagebuch nachgesehen und bemerke daraus ganz ergebenst:
1.) fast das ganze Thüringer Flötzgebirge hat am Thuner See; am B berge ohnweit Thun liegt oberhalb Sandstein _ darunter ein grauer, fester, sSchiefriger Kalkstein - mit Stinkstein in mächtigen Flötzen abwechselnd _ ; nicht weit davon (zwischen Faulensee und Grattingen [Krattigen]) kommt Gips vor,; alles zusammen liegt auf Flötzthonschiefer.
2.) der bituminöse Mergelschiefer (doch überall leichter u. mehr bräunlich als schwarz), auch milder wie der thüringische) kommt a) vor bey Bex und Aigle unter Gips und auf Alpinischen Kalkstein oder einer grauwackenartigen Gebirgsart; bey Bex insbesondere ist er sehr mächtig u. wechselt dort einigemal mit grauen, festen Kalkstein ()weder alpinl. noch Jurakalkstein) ab; der sogenannte Cylinder bey Bex gehört hieher _ b) fanden wir ihn sehr mächtig, am Brünnich ohnfern des Lungernsee, wo er aber eben falls sehr leicht ist [4] und mehrmals mit Kalkstein (alpinl. Kalkstein) abwechselt; auf gleiche Art kömmt er auch c) am Lungern See selber, besonders vor dem dasigen Stolln, und d) zwischen Sarnen u. Gernz [Kerns] vor.
3.) die Puncte wo die Auflagerung des Alpenkalksteins auf dem Flötz-(oder Uebergangs?) thonschiefer vorzüglich deutl war, sind hinter Sallenche [Sallanches] (ohnweit Servoz) _ dann bey Zweylitschinen [Gründlischwand] _ im Lauterbrunner Thal (zE. beym Staubbach) _ an der Scheideck _ bey Grindelwald _ auch noch im Chamonnithal vor dem Glac. d'Argentieres.
4.) Grauwacke u. Grauwackenschiefer, mit diesen Flötzthonschiefer abwechselnd, unmittelbar unter dem Alpinischen Kalkstein, kömmt theils auch hinter Sallenche vor, theils u. deutlicher noch, auch mit Kieselschieferlagern abwechselnd am Schwendi [Schattenhalb] hinter Meyringen im Haslithal; im Kieselschiefer quillt dort sogar ein Gesundbrunnen.
5.) die Gegenden, wo eine vorzüglich weit verbreitete ältere Nagelfluhformation im Sandstein (des Juragebirges, oder vielmehr zwischen dem Jura- u. Alpengebirge) vorkommt, und wo diese Nagelfluhe in mächtigen Flötzen, mit dem schönen feinkörnigen Sandsteine abwechselt, sind vorzüglich bey Avry ohnweit Vevey am Genfersee u. bey Lucern.
Wenn ferner der Herr Bergrath,b außer der Copie, die der junge Kühn von der Mansfeldl. Charte genommen hat, noch eine Copie dieser Charte zu haben wünschten, so würde ich damit mit größten Vergnügen aufwarten, [5] und bitte mir darüber Ihre geneigte Bestimmung mir in ein Paar Worten aus; oder wollten Sie mir eine gestochene Charte von der Grafschaft Mansfeld erlauben, so wollte ich auch ganz sauber auf diese das Erforderliche zeichnen lassen. Darf ich es wagen, Ihnen ein ganz unsauberes Exemplar einer Thüringl. Charte vorzulegen, so bin ich in Ermangelung einer nemmlichen Platte, so frey, Ihnen die angefügte, die nach Grüners, Scheidhauers u. meinen Beobachtungen ge illuminirt ist u. sich auf meinen Aufsatz in Lempens Magazin b. X. bezieht, ganz ergebenst beyzupacken; die 3. rothen Fleck beym Nisthausen, bottendorf u. Gleina sind Kuppen vom Rothentodten, so auch das mit Bleystift Aangelegte von bornstedt bis hornburg; _ das blauliche ist der untere Gips mit Stinkstein _ das bräunlichrothe, der Sandstein, mit Roggenstein oder Thon (der sich auch noch von Allstedt bis beyernaumburg u. Osterhausen fortzieht) _ das gelbe ist der obere Gips u. Thon _ das Grüne aber us a der obere oder Muschelkalkstein, der auch noch die Gegend von Querfurt bis Schaafsedt einnimmt.
Endlich werde ich unvergessen seyn, nach u. nach eine Quantität ausgezeichneter hiesiger Gebirgsarten zusammenzubringen und bitte mir im Voraus eine gütige Verstattung einiger Monathe Frist.
Mit unbegränzter Ehrerbietung, Dankbarkeit und Anhänglichkeit verharre ich lebenslang
Ew. Wohlgebohren
Ganz ergebenster
Johann Carl Freiesleben
 
Eisleben
Den 6. Juli 1804.
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