• Alexander von Humboldt

  • Place of Dispatch: Bayreuth · Date: 12.12.1796
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Humboldt, Alexander von
  • Recipient: Werner, Abraham Gottlob
  • Place of Dispatch: Bayreuth
  • Date: 12.12.1796
    Manuscript
  • Provider: Universitätsbibliothek "Georg Agricola" der Technischen Universität Bergakademie Freiberg
  • Classification Number: Nachlass Abraham Gottlob Werner, Band II (B) S. 176g-176k
  • Incipit: „[1] Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen Verehrungswerther Lehrer, einige Fossilien zu schikken, welche Ihrer Aufmerksamkeit wohl nicht ganz unwerth [...]“
    Language
  • German
[1] Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen Verehrungswerther Lehrer, einige Fossilien zu schikken, welche Ihrer Aufmerksamkeit wohl nicht ganz unwerth sind. N 1. ist von der merkwürdigen Gebirgs Kuppe, welche ich in der beiliegenden Anzeige beschrieben und welche ich am 14 tn Nov. entdekt habe. Sie sind der erste Mineraloge, welcher diese Seltenheit besizt. Wem aber hätte ich derselbe auch früher anbieten sollen als Ihnen, dem ich für meine wissenschaftliche Kultur so unendlich viel verdanke. N2 und 3 ist eine Entdekkung des jungen Herrn Funk eines kenntniß vollen [2] Botanisten zu Gefrees. Das Vorkommen solcher Kristalle um Chloritschiefer ist gewiß neu und ich wage, sie nicht zu benennen. Anstehend ist das Fossil selbst noch nicht entdeckt Es wird aus einem Akker bei Gefrees aus gepflügt; umher steht derselbe Chlorschiefer in Thonschiefer übergehend / auf Syenit aufgesetzt St 3, 4 80° Sept Oc / an. Bitterspat ist es wohl nicht. Sollte der Flekk im Miltizer Thonschiefer etwas ähnliches gewesen sein Es wäre mir eine unendliche Freude, wenn Sie durch einen Ihrer Schüler od. meinen alten Freund Böhme, der gewiß die Mühe übernehme, ein Paar Zeilen antworten ließen. Verzeihen Sie der Zudringlichkeit Ihres Schülers.
Glauben Sie gar nicht, theurer Herr Berg Kommissionsrath , was manche Menschen aus zu sprengen suchen, ich sei der Mineralogie abgestorben unmd lebe jezt bloß für Anatomie und Physiologie der Thiere. Ich kann Sie versichern, [3] daß ich nie so ununterbrochen fleißig, als jezt war und da ich jezt ganz den Wissenschaften lebe, weiß ich immer Muße einzutheilen. Ich arbeite ununterbrochen an einem großen geognostischen Werk, das unter dem Titel: Ueber Construction des Erdkörpers im mittleren Europa bes. über Schichtung u. Lagerung der Gebirgsmassen erscheinen soll. Ich denke darin im Großen der Lagerungsverhältnisse vom Leuchtthurm bei Genua bis Warschau u Segeberg und von dem Ardennen Walde u Chalons bis Oiçow zu schildern. Ich werde beweisen, daß das Streifen und Fallen der Gebirge sich nicht auf Richtung u Abfall der Gebirgen, sondern auf etwas weit Größeres bezieht, daß alle uranfängl. Gebirge in der großen Europäischen Gebirgs kette, die ich von Savoyen bis Tyrol zu Fuß durchstrichen bin, das Hauptstreifen St 3-4 und Fallen gegen Mitternacht Abend alle Flozgebirge dasselbe Streifen u Fallen gegen Mittag Morgen haben. Ich sammele seit 3 Jahren Beobachtungen zu diesem Werke und es ist nicht Feigheit, sondern Wunsch, etwas nicht schlechtes zu liefern, [4] wenn das Publikum von dem allen noch nichts sah.
Ich bereite mich jezt ernsthaft zu einer großen Reise außerhalb Europa. doch gedenke ich vorher die Vulcane genauer zu studieren. Ohne diese Naturkraft zu kennen, würde ich Fehler auf Fehler häufen. Da ich im Frühjahr nach Neapel abgehe, werde ich unfehlbar erst Freiberg besuchen, wo ich noch viel Belehrung mitznehmen gedenke. Die Erfindung eines Lichterhalters ist nun vollendet. Meine Gesundheit hat bei dieser Arbeit gelitten. Sie hat eine unselige Mühe gekostet. Ich wünsche sehr daß das Oberbergamt nach der unvollständigen Beschreibung im Crells nicht selbst das Instrument anfertigen läßt. Es ist schwerer zu machen, als man glaubt, und ich mache mir mir eine Freude daraus, wenn man es befiehlt, es selbst zu schikken.
Mit dankbarer Verehrung
Humboldt
Bayreuth

den 21 Dez. 96.
 
Auf dem monte piccolo S. Gothardo auf dem Euganeen habe ich voriges Jahr Geschiebe von dichtem Kalkstein voll Muschelversteinerungen im Basalte eingebakken gefunden. Der Basalt und Kalkstein brausen beide, wo sie auf einander aufliegen.
[1] Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen Verehrungswerther Lehrer, einige Fossilien zu schikken, welche Ihrer Aufmerksamkeit wohl nicht ganz unwerth sind. N 1. ist von der merkwürdigen Gebirgs Kuppe, welche ich in der beiliegenden Anzeige beschrieben und welche ich am 14 tn Nov. entdekt habe. Sie sind der erste Mineraloge, welcher diese Seltenheit besizt. Wem aber hätte ich derselbe auch früher anbieten sollen als Ihnen, dem ich für meine wissenschaftliche Kultur so unendlich viel verdanke. N2 und 3 ist eine Entdekkung des jungen Herrn Funk eines kenntniß vollen [2] Botanisten zu Gefrees. Das Vorkommen solcher Kristalle um Chloritschiefer ist gewiß neu und ich wage, sie nicht zu benennen. Anstehend ist das Fossil selbst noch nicht entdeckt Es wird aus einem Akker bei Gefrees aus gepflügt; umher steht derselbe Chlorschiefer in Thonschiefer übergehend / auf Syenit aufgesetzt St 3, 4 80° Sept Oc / an. Bitterspat ist es wohl nicht. Sollte der Flekk im Miltizer Thonschiefer etwas ähnliches gewesen sein Es wäre mir eine unendliche Freude, wenn Sie durch einen Ihrer Schüler od. meinen alten Freund Böhme, der gewiß die Mühe übernehme, ein Paar Zeilen antworten ließen. Verzeihen Sie der Zudringlichkeit Ihres Schülers.
Glauben Sie gar nicht, theurer Herr Berg Kommissionsrath , was manche Menschen aus zu sprengen suchen, ich sei der Mineralogie abgestorben unmd lebe jezt bloß für Anatomie und Physiologie der Thiere. Ich kann Sie versichern, [3] daß ich nie so ununterbrochen fleißig, als jezt war und da ich jezt ganz den Wissenschaften lebe, weiß ich immer Muße einzutheilen. Ich arbeite ununterbrochen an einem großen geognostischen Werk, das unter dem Titel: Ueber Construction des Erdkörpers im mittleren Europa bes. über Schichtung u. Lagerung der Gebirgsmassen erscheinen soll. Ich denke darin im Großen der Lagerungsverhältnisse vom Leuchtthurm bei Genua bis Warschau u Segeberg und von dem Ardennen Walde u Chalons bis Oiçow zu schildern. Ich werde beweisen, daß das Streifen und Fallen der Gebirge sich nicht auf Richtung u Abfall der Gebirgen, sondern auf etwas weit Größeres bezieht, daß alle uranfängl. Gebirge in der großen Europäischen Gebirgs kette, die ich von Savoyen bis Tyrol zu Fuß durchstrichen bin, das Hauptstreifen St 3-4 und Fallen gegen Mitternacht Abend alle Flozgebirge dasselbe Streifen u Fallen gegen Mittag Morgen haben. Ich sammele seit 3 Jahren Beobachtungen zu diesem Werke und es ist nicht Feigheit, sondern Wunsch, etwas nicht schlechtes zu liefern, [4] wenn das Publikum von dem allen noch nichts sah.
Ich bereite mich jezt ernsthaft zu einer großen Reise außerhalb Europa. doch gedenke ich vorher die Vulcane genauer zu studieren. Ohne diese Naturkraft zu kennen, würde ich Fehler auf Fehler häufen. Da ich im Frühjahr nach Neapel abgehe, werde ich unfehlbar erst Freiberg besuchen, wo ich noch viel Belehrung mitznehmen gedenke. Die Erfindung eines Lichterhalters ist nun vollendet. Meine Gesundheit hat bei dieser Arbeit gelitten. Sie hat eine unselige Mühe gekostet. Ich wünsche sehr daß das Oberbergamt nach der unvollständigen Beschreibung im Crells nicht selbst das Instrument anfertigen läßt. Es ist schwerer zu machen, als man glaubt, und ich mache mir mir eine Freude daraus, wenn man es befiehlt, es selbst zu schikken.
Mit dankbarer Verehrung
Humboldt
Bayreuth

den 21 Dez. 96.
 
Auf dem monte piccolo S. Gothardo auf dem Euganeen habe ich voriges Jahr Geschiebe von dichtem Kalkstein voll Muschelversteinerungen im Basalte eingebakken gefunden. Der Basalt und Kalkstein brausen beide, wo sie auf einander aufliegen.
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