Abraham Gottlob Werner
- Abraham Gottlob Werner (1749-1817) galt bereits zu seiner Lebenszeit als der Begründer der heutigen Wissenschaftsdisziplinen Geologie und Mineralogie. Sein Ruhm entwickelte sich als akademischer Lehrer an der ersten Bergakademie der Welt, die 1765 in Freiberg, im sächsischen Erzgebirge gelegen, gegründet wurde.
- Werner wurde im niederschlesischen Wehrau (heute Osiecznica) geboren, in dessen Nähe Eisenerz gefördert und in Wehrau verhüttet wurde. Werner ging zunächst seinem Vater, dem örtlichen Eisenhüttenwerksinspektor, zur Hand, bevor er 1769 das Studium in Freiberg aufnahm. 1771 bezog er, wie man es zeitgenössisch nannte, die Universität Leipzig, um dort die Rechte zu studieren. Er nutzte die Leipziger Zeit auch zum vertieften Spracherwerb: seine von Muttersprachlern gerühmten Italienisch- und Englischkenntnisse waren für die Zeit ungewöhnlich. Ebenfalls in Leipzig legte er sein berühmtestes Werk „Von den äußerlichen Kennzeichen der Foßilien“ vor. Im Februar 1775 erhielt er einen Ruf nach Freiberg zurück; er selbst notierte sich in seiner biographischen Skizze hierzu, dass dieser Ruf ihn völlig unvermutet ereilte und er ihm zu Ostern nachkam. Werners Ruf, der bald Studenten nicht nur aus dem Königreich Sachsen anzog, begründete sich auf seiner Lehre, die dem Wissen vom dem Aufbau und Entstehen der Erde, damals als Geognosie bezeichnet, und dem Wissen von den Mineralen, der sogenannten Oryctognosie, gewidmet war. Werners Methode der Autopsie kam ihm auch zupaß, als er mit weiteren Aufgaben des sächsischen Bergbaus betraut wurde, so mit der Mineralienniederlage, die bis in die 1950er Jahre bestand als Verkaufsstelle für Mineralien, Gesteine und Versteinerungen, sowie als Inspektor der Akademie als Kustos der Akademiesammlungen. 1799 wurde er zum Bergrat ernannt.
- Unverheiratet geblieben lebte und wirkte Werner bis zu seinem Tode 1817 in Freiberg. Seine eigenen Sammlungen hatte er bereits 1814 an die Bergakademie verkauft, sein Nachlass ging über seine Schwester an die Bergakademie.
- Werner setzte mit seiner Methode der Wahrnehmung der geologischen und mineralogischen Objekte mit allen Sinnesorganen neue Maßstäbe und die deskriptive Qualität seiner diese erfassenden Texte erreichte eine zuvor nicht erreichte Höhe, jedoch verhinderten ihm eigene Skrupel, viele seiner profunden Kenntnisse zu publizieren. Viele der später als Wissenschaftler berühmt gewordenen Schüler wie Alexander von Humboldt und Henrik Steffens, die als Hörer aus ganz Europa und der neuen Welt nach Freiberg kamen, wandten seine Methoden auf vier Kontinenten an und verbreiteten Werners Erkenntnisse und Lehre an ihren Wirkungsstätten. Werner-Schülern ist es auch zu verdanken, dass seine „Kennzeichen“ in erweiterten Neuausgaben in zahlreichen Sprachen in den Jahrzehnten nach 1774 Verbreitung fanden.
- In Werner tritt uns heute noch ein analytischer Geist und präziser Beobachter entgegen, dessen wissenschaftlicher Ansatz der Aufklärung verpflichtet ist und der dem Naturverständnis der Romantiker die Richtung wies. Die Nachwelt hat lange den Schatten, der auf Werners Bedeutung dadurch fiel, dass er die Entstehung mancher Gesteine als Folge vulkanischer Aktivität ablehnte und statt dessen sämtliche Gesteine als Ablagerungen des Wassers in den Ozeanen erklärte, also als Anhänger des so genannter „Neptunismus“ anzusehen ist, unreflektiert weitertradiert. Das internationale Werner-Symposium von 1999 in Freiberg brachte Werners Bedeutung für die Naturwissenschaften auf eine neue wissenschaftshistorisierende Ebene; es wurde ergänzt durch ein weiteres Kolloquium 2017 in Freiberg.